Hamburg: Freihafen wird zum 1.1.2013 aufgelöst

xZollamtHafencity2p291212Vorbei: Ab morgen gibt es an den Außengrenzen des Hamburger Freihafens keine Zollkontrollen mehr. Hier ist das Abfertigungsstelle HafenCity an der Versmannstraße zu sehen. Rechts im Bild ein metronom auf der ehemaligen Pfeilerbahn. Foto: Erik Körschenhausen

[31. Dezember 2012] Nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 verfolgte die Regierung vorrangig die Herstellung einer einheitlichen Wirtschaftsordnung. In Hamburg konnte man sich mit solchen Plänen allerdings nicht anfreunden.

Hier lehnte man staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsleben von jeher ab, so u.a. Bismarcks Schutzzollpolitik, mit der nach 1876 die nationalen Produktionen gestärkt werden sollten. 1879 erhöhte Preußen den Druck auf Hamburg, indem die Reichsregierung den Einschluss Altonas und der Unterelbe in das Zollgebiet beantragte, um den ungehinderten Zugang elbaufwärts nach Hamburg zu unterbinden. Ein Jahr später begannen die Verhandlungen und im Zollanschlußvertrag von 1881 wurde Hamburg mit seinen damals 451.000 Einwohnern Zollinland, während der Hafen zum Freihafengebiet wurde.

Ab dem 15. Oktober 1888 konnten hier weiterhin zoll- und steuerfrei Waren aller Art im- und exportiert, gelagert, bearbeitet und gehandelt werden. Mit dem Zollanschluss übernahm die Hamburgische Kaiverwaltung die Hafenanlagen gemäß dem „Kairegulativ“ vom 15. August. Am 5. Oktober 1888 wurde der Vertrag zur Übernahme des Fahr-und Rangierdienstes auf der Hafenbahn und am 22./27. Dezember des gleichen Jahres der Vertrag zum Anschluss aller rechts- und linkselbischen Hafenbahngleise an das preußische Eisenbahnnetz durch die Verwaltung der Königlich Preußischen Staatseisenbahnen unterzeichnet.

Die positive Entwicklung des Hafens und damit auch des Eisenbahnverkehrs nahm in den folgenden Jahrzehnten stets zu. Heute verkehren täglich etwa 200 Züge auf dem Netz der Hamburger Hafenbahn, davon 125 Containerzüge. Das Güteraufkommen betrug 2011 ca. 41,3 Millionen Tonnen, mehr als 2 Millionen Standardcontainereinheiten wurden auf der Hafenbahn bewegt. Seit dem Jahr 2012 sind 100 Eivenbahnverkehrsunternehmen auf dem Netz der Hamburger Hafenbahn unterwegs, die einen Transportanteil von 30% am Gesamthafenumschlag haben.

Spätestens mit der ab 1966 beginnenden Containerisierung und dem damit einhergehenden Strukturwandel im Warenfluss veränderte der Hafen sein Gesicht. Wurden früher die gesamte Ladung der Schiffe einzeln mit Kränen über die Kaianlagen und die Schuppen entladen, so konzentriert sich der heutige Containerumschlag auf gerade drei Terminals.

Durch die Realisierung des  Europäischen Binnenmarktes und die Erweiterung der Europäischen Union auf 27 Mitgliedstaaten überwiegt heute der Anteil der Gemeinschaftswaren im Hafenumschlag. Darüber hinaus hat  der weltweite Abbau von Zöllen im Rahmen weltweiter Vereinbarungen dazu geführt, dass der der Einfuhrzollsatz, der zur Gründungszeit des Freihafens im Durchschnitt noch 30 Prozent vom Warenwert betrug, heute bei durchschnittlich 3 Prozent liegt.

Diese grundlegende Änderungen der politischen Rahmenbedingungen und des Warenstroms haben u.a. dazu geführt, die Speicherstadt und das Gebiet des Großen Grasbrooks aus der Freihafenzone herauszunehmen. Hier ist in den vergangenen Jahren die neue HafenCity entstanden, wobei auch die historischen Speicherstadt-Blöcke saniert und einer neuen Nutzung zugeführt wurden. Beispielhaft zu nennen ist das Miniatur-Wunderland im Block D, das seit mehr als zehn Jahren die größte Modellbahn der Welt betreibt.

Das Gebiet des Hamburger Hafens umfasst heute 7.236 ha, wovon 1.634 ha (22,6 Prozent) auf die Freizone entfallen. Ab morgen, dem 1. Januar 2013, wird diese Freizone entfallen und der Hafen in seiner Gesamtheit ohne Zollkontrollen an den Außengrenzen passierbar sein. Freilich werden alle in Hamburg angelandeten Waren auch in Zukunft verzollt. Die bisher an den Grenzübergängen tätigen Mitarbeiter werden nun mit mobilen Büros im gesamten Hafenbereich unterwegs sein.

Unser Bildbericht zeigt die Grenzanlagen im Hafen, die ab morgen zum Teil Geschichte sein werden.

xDurchlassNeuhof1p291212Im Stadtteil Neuhof ist das Zufahrtsgleis in den Freihafen in der Regel durch ein Tor zugesperrt. Foto: Erik Körschenhausen

DB295078Neuhof110409Hier verlässt 295 078 den Freihafenbezirk im Stadtteil Neuhof. Nach dem Passieren der Lok wird das Tor wieder geschlossen. Foto: Erik Körschenhausen

DurchlassWaltershof1p291212

Auch im Stadtteil Waltershof ist der Freihafenbahnhof durch einen Zaun abgetrennt. Foto: Erik Körschenhausen 

xx65_095Tigerkäfig: Die 250 003, die spätere 3300 93 der OHE, steht hier abfahrbereit im Freihafenbahnhof Waltershof. Foto: Dierk Lawrenz

ZollzaunWaltershof2p291212Bahn hinter Gittern: Der Freihafenbahnhof Waltershof mit Zollzaun. Foto: Erik Körschenhausen

Freihafenelbbruecke2p291212Die Freihafenbrücke über die Norderelbbrücke verfügt auch über ein Gleis, mit dem die Eisenbahnanlagen am rechten Elbufer erreicht werden konnten. Im Zuge des Ausbaus der HafenCity sind diese Anlagen jedoch im Jahr 2012 abgebaut worden. Foto: Erik Körschenhausen

Freihafenelbbruecke3p291212Die Freihafenbrücke bildet den östlichen Abschluss des Hafens und bis zum Jahresende 2012 auch des Zollgebietes. Foto: Erik Körschenhausen

xZollamtVeddel1p291212Hier ist das Zufahrtsgleis in den Hafen am ehem. Zollamt Veddel zu sehen. Foto: Erik Körschenhausen

xx78_143Die 3300 94 der OHE hat die alten Niedernfelder Eisenbahnbrücken passiert und erreicht nun den Freihafenbahnhof Hamburg-Süd. Foto: Dierk Lawrenz

xZollamtHafencity5p291212Die Abfertigungsstelle HafenCity an der Versmannstrasse zwischen HafenCity und Norderelbbrücke. Foto: Erik Körschenhausen

Unser Tipp zum Weiterlesen:

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Vor über 120 Jahren, am 15. Oktober 1888, trat Hamburg dem deutschen Zollgebiet bei. Damit verbunden war die Einrichtung eines Freihafens, in dem die Hamburger Kaufleute auch weiterhin aus dem Ausland eingeführte Waren zollfrei lagern, veredeln, verarbeiten und gegebenenfalls wieder ausführen konnten. Hierfür entstand in den Jahren nach 1880 mit einer heutigen Länge von ca. 1,5 km, einer Breite von ungefähr 250 m und einer Lagerfläche von über 300.000 Quadratmetern einer der größten zusammenhängenden Lagerhauskomplexe. Mehr als 20 Speicherblöcke sind in vier Bauabschnitten bis 1927 entstanden, der überwiegende Teil als neugotische Backsteinbauten der so genannten „Hannoverschen Schule“.

In unserem umfangreichen Bildband stellen wir die Lagerhäuser zwischen der Kehrwiederspitze und der Poggenmühlenbrücke in zahlreichen historischen, zum großen Teil unveröffentlichten Abbildungen vor, ebenso die zahlreichen Brücken über den Zollkanal und innerhalb der Speicherstadt. Vorgestellt werden auch die Eisenbahnanlagen, Straßen und Fleete sowie die vielen anderen Gebäude.

Stimmungsvolle Farbaufnahmen aus jüngster Zeit runden das Porträt der Speicherstadt ab, die heute nicht nur das attraktive Bindeglied zwischen der Altstadt und der neuen Hafencity darstellt, sondern mit ihren zahlreichen Attraktionen, allen voran das Miniatur Wunderland, eine große Anziehungskraft auf Einheimische und Besucher aus aller Welt ausübt.

Das Buch mit 168 Seiten und 272 Abbildungen, teilweise in Farbe, im Format 300 x 210 mm ist unter der ISBN 978-3-88255-893-7 im Buchhandel und unter der Artikel-Nr. 893 im EKshop.de für nur € 29,80 erhältlich.