Torf im Tender: die Baureihe 51.70
30.01.2011 (Lz): Am 17. November 1866 nahmen die Großherzoglich Oldenburgischen Staatseisenbahnen mit der Verbindung von Oldenburg nach Delmenhorst ihre erste Strecke in Betrieb, ein Jahr später folgte der Anschluss nach Bremen und 1869 wurde von Oldenburg aus auch Leer erreicht. Die ersten auf der Oldenburgischen Staatsbahn eingesetzten Dampflokomotiven der Bauart G 1 wurden in den ersten acht Jahren ausschließlich mit Torf befeuert.
Dieser Brennstoff wurde im eigenen Land gewonnen und stand damit wesentlich kostengünstiger zur Verfügung als Kohle. Das war besonders in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts zu spüren, als die Kohlepreise „zu enormen Höhen“ gestiegen waren. Noch 1879 wurden bei der Oldenburgischen Staatsbahn insgesamt 8.500 Tonnen Torf verfeuert, wobei gegenüber einer Verwendung von Kohle jährlich 40.000 Mark eingespart wurden. 1878 hatte der Kohlepreis mit 130 Mark einen Höchststand erreicht. Danach sank er deutlich und so wurden die Lokomotiven im Oldenburger Land dann auch nach und nach mit westfälischer Steinkohle befeuert.
Die Gewinnung und die Bereitstellung des heimischen Brennstoffes verursachte allerdings auch höhere Kosten. So war der Abbau auf die Sommerzeit beschränkt und der Rohstoff erst nach einer ausreichenden Trocknung nutzbar. Die hierfür notwendigen Trocknungsschuppen wurden entlang der Wasserwege errichtet, um eine kostengünstige Anfuhr zu ermöglichen. Waren die ersten Anlagen zunächst an der Hunte errichtet worden, so entwickelte sich alsbald die Trocknungsanlage in Augustfehn mit einer Kapazität von 8.000 Tonnen (!) zur zentralen Versorgungsstelle für die Bahn, die von hier aus auch kleinere Stationen mit dem Brennstoff bediente.
Die von Krauss, Hartmann, Wöhler und Hohenzollern in einer Stückzahl von 46 Maschinen gebauten, zweiachsigen Schlepptenderlokmotiven wurden zunächst mit einem Torftender geliefert. Dieser verfügte über zwei Achsen, die in einem 3,5 bis 4 m³ großen Wassertankrahmen gelagert waren. Hierdurch konnte die Leermasse verringert werden. Da die Torffeuerung gegenüber Kohle nur den halben Heizwert erreichte, war es notwendig, die Tender voluminös zu gestalten, um einen großen Vorrat an Brennmaterial fassen zu können, der bei 4.300 kg lag. Um den trockenen Torf gegen Regen und Funkenflug zu schützen, verfügte der Torftender über ein Dach und dieses war mit zwei Einfüllöffnungen versehen. Über einen zwischen Lok und Lager zur Verfügung stehenden „Betorfungswagen“, der als Ladebühne diente, wurde die Lok mit Rohrkörben durch die Öffnungen „betorft“. Nach einer Einsatzdauer von etwas eineinhalb Tagen war eine neue Versorgung notwendig.
Nach Einführung der Kohlenfeuerung wurden die vorhandenen Torftender zum Teil umgebaut oder durch neue Tender mit 10 m³ Wasserinhalt ersetzt.
Bei der Eingliederung in die Reichsbahn wurden noch insgesamt 19 Lokomotiven als Baureihe 51 unter den Betriebsnummer 7001 bis 7019 übernommen, kurze Zeit später aber dann doch ausgemustert.
Ein letztes Exemplar eines ehemaligen Torftenders hat bis 1979 bei der Wilstedt-Zeven-Tostedter Eisenbahn als Schneepflug Nr. 81 überlebt, wo er nach einem Unfall leider verschrottet wurde. Mit diesem Fahrzeug wäre es zum Beispiel möglich gewesen, die heute noch im Deutschen Museum in München zu sehende Lok „LANDWÜHRDEN“, die als erste Lokomotive ( Nr.1) von Krauss im Juli 1867 unter der Betriebsnummer 11 an die Oldenburgische Staatsbahn geliefert worden war, zu vervollständigen.
Literatur:
Peter Löffler: Die Eisenbahn in Oldenburg – Eisenbahngeschichte im ehemaligen Land Oldenburg. EK-Verlag, Freiburg 1999. Dieser Titel ist leider schon seit längerer Zeit vergriffen.