Es ist 5 vor 12 für die Ohratalbahn Gotha—Gräfenroda

Ein Beitrag von Erik Körschenhausen

DB641035Georgenthal2p301011Zugkreuzung im Bahnhof Georgenthal mit den Triebwagen 641 035 und 641 038. Alle Fotos: Erik Körschenhausen

[6. November 2011] Mitten in Thüringen verläuft die 36 km lange eingleisige Nebenbahn (Kursbuchstrecke 572) von Gotha über Ohrdruf und Crawinkel nach Gräfenroda.

Am 8. Mai 1876 wurde als erstes der Abschnitt zwischen Gotha und Ohrdruf mit den Zwischenstationen Emleben, Petriroda und Georgenthal (Thür.) der „Gotha-Ohrdrufer Eisenbahn-Gesellschaft" als Eigentümer eröffnet. Den Betrieb wickelte bis 1882 die „Thüringische Eisenbahn-Gesellschaft", danach die Preussische Staatsbahn ab. 

DB641035Emleben5p301011641 035 der DB in Emleben.

In Emleben betreibt Unitank ein großes Tanklager und sorgt damit noch für ein regelmäßiges Aufkommen im Güterverkehr im Abschnitt Gotha – Emleben. Als Besonderheit dieses Bahnhofes weist die Ausfahrt nach Gotha keine Signale auf, der Zugbetrieb wird vom örtlichen Fahrdienstleiter per Befehlsstab geregelt.

DB641035Petriroda1p301011641 035 im Bedarfshaltepunkt Petriroda.

Petriroda ist nur noch ein Bedarfshaltepunkt, in der die Züge nur halten, wenn man sich rechtzeitig beim einfahrenden Zug erkennlich macht. Eine altersschwache hölzerne Brücke und ein massiver Betonklotz als Wartehalle bilden das Ensemble dieses Haltepunktes.

DB641035Georgenthal1p301011641 035 im Bahnhof Georgenthal.

Die Zwischenstation Georgenthal (Thür.) war mal ein Eisenbahnknotenpunkt, von dort zweigten die weiteren Strecken nach Friedrichsroda/Fröttstädt (das Teilstück Georgenthal—Friedrichsroda wurde 1947 als Reparationsleistung abgebaut und liegt seitdem still) und Tambach—Dietharz (Stilllegung Personenverkehr 1969 und im Güterverkehr 1995) ab. Zwei besetzte Stellwerke mit Flügelsignalen, ebenso zwei stattliche Bahnsteige mit originaler Überdachung von 1895 und Reste eines Bahnbetriebswerkes mit Drehscheibe und Lokschuppen sind noch vorhanden.

DB641035Ohrdruf1p301011641 035 im Bahnhof Ohrdruf.

Im weiteren Streckenverlauf folgt Ohrdruf, einst der Endpunkt dieser Strecke. Die vielen brach liegenden Gleise zeugen von einem regen Betrieb vergangener Tage. An der Ladestraße werden noch unregelmäßig verkehrende Holzzüge beladen, früher waren Militärzüge für das den naheliegenden Truppenübungsplatz die Hauptkunden.

DB641035Crawinkel3p301011641 035 hat den Bahnhof Crawinkel erreicht.

Am 1. November 1892 wurde die Strecke von Ohrdruf über Luisenthal, Crawinkel und Frankenhain nach Gräfenroda mit Anschluß an die Strecke Neudietendorf—Ritschenhausen (Erfurt—Schweinfurt) verlängert. Der Bahnhof Crawinkel wird noch mit Lichtsignalen des sowjetischen System EZMG gesteuert. In der Nähe des Bahnhofes erinnern ein Gleisstück und eine Infotafel an den Waffenstillstandswagen von Compiegne, der von den Nationalsozialisten in den Kriegswirren 1944 von Berlin nach Crawinkel (mit Zwischenstation in Ruhla) abgefahren wurde und kurz vor dem Kriegsende vermutlich von der SS gesprengt wurde.

DB641038Frankenhain301011641 038 in Frankenhain.

Seit den 1970er Jahren wickelten die „Blutblasen“, die DR-Schienenbusse den Personenverkehr auf der Gesamtstrecke ab. Schon 1990 kamen die ersten Prüfungen, ob die Strecke stillgelegt werden sollte. Ab Mitte der 90er Jahre wurde der Abschnitt Crawinkel—Gräfenroda vorübergehend stillgelegt und aufwendig saniert mit Betonschwellen und neuem Oberbau. Nach der Sanierung fahren auf der Gesamtstrecke die „Walfische“ der Baureihe 641 von ALSTOM im Stundentakt zwischen Gotha und Crawinkel, auf dem Restabschnitt nach Gräfenroda nur noch zweistündlich.

DB641035GraefenrodaOrt1p301011641 035 in Gräfenroda.

Aufgrund des schwachen Fahrgastzuspruchs und weiteren Gründen beschloss das Thüringer Verkehrsministerium im Oktober 2010, diese Strecke nicht mehr neu auszuschreiben und ab Dezember dieses Jahres (2011) den Personenverkehr auf dem Gesamtabschnitt einzustellen.