Niedersachsen: Der Nahverkehr im Jahr 2016

xgottingen648Ein 648 von DB Regio hat Göttingen erreicht. Foto: Dierk Lawrenz

Die Pünktlichkeit im regionalen Bahnverkehr in Niedersachsen hat sich im vergangenen Jahr leicht verbessert. 91,4 Prozent aller Nahverkehrszüge erreichten 2016 pünktlich ihr Ziel. Das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als 2015. Reisende mussten sich auch über weniger Zugausfälle ärgern. Insgesamt fielen 2016 zwischen Harz und Nordsee mit 846.514 Zugkilometer (Zug-Km) nur 1,9 Prozent aller Regionalverkehre aus. Das waren 0,2 Prozentpunkte bzw. knapp 26.000 Zug-Km weniger als im Jahr zuvor. Vor allem Baustellen stellten die Bahnunternehmen vor teilweise erhebliche Herausforderungen und die Fahrgäste häufig auf eine Geduldsprobe, teilte die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) am Dienstag in Hannover mit.

„Die Ursachen für Verspätungen sind vielfältig, größtenteils liegen sie nicht in der Einflusssphäre des Eisenbahnunternehmens“, unterstreicht LNVG-Geschäftsführer Hans-Joachim Menn, dessen Gesell- schaft zwischen Ems und Elbe verantwortlich ist für die Bestellung des Regionalverkehrs und dafür jährlich knapp 300 Millionen Euro Steuergelder ausgibt. Gründe sind unter anderem Baustellen, vor- fahrberechtigte Fernverkehrszüge, technische Störungen an den Fahrzeugen, den Bahnübergängen oder der Signaltechnik, witterungsbedingte Einflüsse oder auch Menschen bzw. Tiere, die sich im Gleisbereich aufhalten und den Zug zum Anhalten zwingen.

Als pünktlich gelten Züge, wenn sie nicht später als 5 Minuten nach Fahrplan im Bahnhof eintreffen. Am zuverlässigsten aus Sicht der Pendler waren 2016 die Zugverbindungen in Südost-Niedersachsen. Im Dreieck Braunschweig-Salzgitter-Göttingen erreichte die DB Regio AG in ihrem Dieselnetz eine Pünktlichkeit von 95,8 Prozent und belegt damit zwischen Harz und Küste einen Spitzenrang. Pünkt- lich waren Reisende auch im Elbe-Weser-Netz und im Weser-/Lammetal-Netz unterwegs. Die Züge der in Zeven beheimateten Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe Weser GmbH fuhren auf den Strecken Cuxhaven-Bremerhaven und Buxtehude -Bremerhaven zu 95,3 Prozent fahrplanmäßig in die Stationen ein. Auch Fahrgäste der in Osnabrück ansässigen Nordwestbahn GmbH durften sich 2016 zwischen Hildesheim und Bodenburg bzw. zwischen Hildesheim und Bünde über 95 Prozent Pünktlichkeit am Bahnsteig freuen. Allen drei Unternehmen kommt zugute, dass sie sich ihre Trassen nicht mit Fernverkehrszügen teilen müssen, die gegenüber dem Regionalverkehr stets vorfahrtberechtigt sind.

xIMG 3567Ein metronom-Zug im Bahnhof Buchholz. Foto: Dierk Lawrenz

Ganz anders stellt sich die Situation im Hanse-Netz auf den Relationen von Bremen nach Hamburg bzw. von Uelzen / Lüneburg nach Hamburg dar. Dort müssen sich Nah- und Fernverkehr ein und dieselbe Trasse teilen. Hinzu kommt: der hochbelastete Bahnknoten Hamburg sorgt immer wieder für Engpässe im Zu- und Ablauf, müsste dringend ausgebaut werden. Dadurch stößt auch das Angebot des metronom, das von Pendlern gut angenommen wird, zunehmend an seine Kapazitätsgrenzen.

Das in Uelzen beheimatete Eisenbahnunternehmen fuhr deshalb 2016 nur zu 88,4 Prozent fahrplanmäßig in die Bahnhöfe des Hanse-Netzes ein. Auch zwischen Uelzen, Hannover und Göttingen sorgten IC und ICE dafür, dass die Regionalzüge des metronom nicht so zuverlässig pendeln konnten wie geplant und die Pünktlichkeit auf der Relation lediglich 87,5 Prozent erreichte.

Die „Rote Laterne“ geht 2016 in das RE-Kreuz Bremen/Niedersachsen. Auf den Strecken Osnabrück- Bremerhaven und Hannover-Norddeich Mole erreichten die Züge nur zu 85,8 Prozent pünktlich den Bahnsteig. Die DB Regio AG steht auch dort vor der Herausforderung, sich die Trassen mit dem schnellen und vorfahrtberechtigten Fernverkehr teilen zu müssen. Hinzu kamen baustellenbedingt eine Reihe von Langsam-Fahrstellen, die die Zuverlässigkeit des Fahrplans und die Geduld der Fahrgäste auf eine häufige Probe stellten.

Auch bei den Zugausfällen konstatiert die LNVG in 2016 mit insgesamt 846.514 annullierten Zug-Km eine leichte Verbesserung (Vorjahr: 872.138 Km). Als Herausforderung bewerten die Betreiber nach wie vor die zahlreichen Baustellen der DB Netz AG. Die dringend erforderliche Substanzverbesserung geht einher mit fühlbaren Nachteilen für die Fahrgäste, die sich auf mehr Schienenersatzverkehre mit Bussen und verspätete Züge einstellen müssen. Positiv bewerten die Verkehrsexperten der LNVG den starken Rückgang bei den „ungeplanten“ Zugausfällen, auf die sich Pendler mangels Informationen nicht einstellen könnten und die deshalb besonders viel Frust auslösten. Diese gingen 2016 auf 363.900 Zug-Km zurück (Vorjahr: 580.844 Km) und fielen damit von 1,4 auf 0,8 Prozent, wobei LNVG- Chef Menn nüchtern feststellt: „Jeder annullierte Zug bleibt einer zuviel“.

xx76099131In Soltau kreuzen sich die Strecken Buchholz - Hannover und Bremen - Uelzen. Foto: Dierk Lawrenz

Am meisten betroffen von Zugausfällen waren Reisende 2016 im Heidekreuz. Auf den Relationen Hannover- Buchholz/Nordheide und Bremen -Soltau -Uelzen mussten insgesamt 157.600 Zug-Km (6,1 Prozent) aus dem Fahrplan genommen werden. Das lag weit überwiegend nicht am Betreiber. Vor allem die Beeinträchtigungen durch den geplanten Ausbau der Heidebahn auf 120 Km/h machten den Fahrplan-Experten der erixx GmbH häufiger einen Strich durch die Rechnung als ihnen lieb war.

xIMG 8631Zwei Triebwagen der NordWestBahn verlassen den Bahnhof Wilhelmshaven. Foto: Dierk Lawrenz

Ebenfalls Geduld mussten Fahrgäste im Weser-Ems-Netz mitbringen. Zwischen Bremen und Osnabrück sowie von Wilhelmshaven bzw. Esens über Oldenburg nach Osnabrück wurden 2016 insgesamt 130.425 Zug-Km (2,7 Prozent) annulliert. Verantwortlich dafür waren ganz überwiegend Baustellen der DB Netz AG, auch ein hoher Krankenstand bei den Lokführern stellte die NWB zeitweise vor größere Herausforderungen. Ebenfalls sechsstellig die ausgefallenen Zug-Kilometer im Netz der Regio- S-Bahn Niedersachsen/Bremen. 101.800 Zug-Km (2,1 Prozent) wurden 2016 aus dem Produktions- programm genommen. Auch dort sorgten vor allem kranke Triebfahrzeugführer und Baustellen dafür, dass die NWB Züge annullieren und Pendler umdisponieren mussten.

Prozentual die wenigstens Zugausfälle waren 2016 zwischen Uelzen, Hannover und Göttingen zu beklagen. Nur 17.800 Zug-Km (0,6 Prozent) musste der metronom aus seinem Betriebsprogramm streichen. Die in Bielefeld beheimatete WestfalenBahn GmbH legte 2016 gleich in ihrem ersten Betriebsjahr auf der Emsland- wie auch auf der Mittellandlinie einen passablen Start hin: Lediglich 21.300 Zug-Km bzw. 23.900 Zug-Km (je 0,8 Prozent) entfielen zwischen Emden und Münster bzw. zwischen Rheine/Bielefeld, Hannover und Braunschweig. Grund: Eisregen und Fahrzeugstörungen.

Für verspätete bzw. ausgefallene Regionalverkehre erwartet die Betreiber eine anteilige Kürzung ihrer Zuschüsse. In der Summe sei mit 3 - 4 Millionen Euro zu rechnen, prognostiziert die LNVG. „Insgesamt bleibt der Schienenpersonennahverkehr zwischen Ems und Elbe als zuverlässig bis sehr zuverlässig einzustufen“, resümiert Menn und wirft einen Blick in die Zukunft. Gemeinsam mit den Betreibern und der DB Netz AG will die LNVG erreichen, dass Baustellen so kundengerecht wie möglich und mit so wenig Zugausfällen wie nötig geplant werden. Die hundertprozentige Landestochter will sich auch künftig nicht in das operative Geschäft der Bahnunternehmen einmischen. Wo aber Verspätungen und Zugausfälle in der Einflusssphäre der Betreiber liegen, will sie diese künftig stärker zur Kasse bitten. „Wenn das Unternehmen keine Verantwortung trifft“, verspricht der LNVG-Chef, „werden wir nachsichtig sein“.

Quelle: LNVG