TGV: Au revoir „Patrick"

00001 500An einem warmen Augusttag 1991 passierten TGV 18 und eine Schwester in Doppeltraktion von Lyon kommend den Pariser Stadtteil Maisons-Alfort und werden bald den Kopfbahnhof Gare de Lyon erreichen.

[17.2.2020] Der erste TGV der französischen Staatsbahn SNCF, dreht nach 40 Dienstjahren seine Abschiedsrunde! Der 1981 eingeweihte erste Hochgeschwindigkeitszug machte seine letzte Fahrt im Dezember 2019. Im Februar 2020 wird er von der SNCF und ihren Lokführer gebührend verabschiedet.

Nach 13.478.014 gefahrenen Kilometern – das entspricht 336,36 Erdumrundungen – auf dem Tacho ist es nun Feierabend! Der von Alstom in Belfort gebaute Hochgeschwindigkeitszug ist ein Stolz der Grande Nation und wird deswegen zum Abschied geehrt in Form einer Abschiedstour, unter dem Motto „Au revoir Patrick", was am 5. Februar mit viel Pomp und Aufmerksamkeit der Medien begann.

Zu diesem Anlass hat „Patrick" wieder einen Teil seiner Originalfarben aus der Anfangszeit bekommen: Die Triebköpfe tragen das wieder das leuchtende Orange! Die Mittelwagen dieser Einheit wurde in den Farben seiner bisher in der langen Einsatzzeit getragenen Lackierungen neu lackiert: in Blau-Grau (eingeführt mit dem TGV Atlantique 1990) und „Carmillon".

So wird der kunterbunte TGV 01 in dem Februar mehrere Städte besuchen. In einer Pressemitteilung erklärt die SNCF, warum „Patrick" und die TGV-Züge der ersten Generation so symbolisch für die französische Nation sind: „ … sie vermitteln Stolz, Modernität, das Vergnügen des Reisens … ". Die SNCF betonte auch das „große menschliche Abenteuer“, das diese Züge verkörperten: „2.000 Menschen nahmen an dem 100prozentig-französischen Projekt teil, und tausende andere arbeiteten daran, diese zu warten und zu betreuen …“.

2 SNCF02MoreySaintDenis1p270514 500px23 Jahre später sind die TGV PSE im aktuellen Kleid "Carmillon" und in niedrigeren Diensten unterwegs. Hier durchfährt die TGV-Einheit 02 das Weingebiet der Burgund bei Morey-Saint Denis mit den urigen Oberleitungsmasten als TGV 6832 von Toulouse-Matabiau nach Dijon Ville.

Ein Zug, der in die Geschichte eingegangen ist

Der TGV 01 verließ im Juli 1978 das Alstom-Werk in Belfort und nach einer langen Testphase fuhr er am 1. September dieses Jahres 1981 erstmals auf der gerade fertiggestellten Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris - Sud-Est, die am 22. September 1981 dem damaligen Staatspräsidenten François Mitterrand eingeweiht wurde. Für die Bevölkerung ging es dann am 27. September der Planbetrieb mit den ersten von 109 bestellten TGV-PSE-Garnituren los.

Die erste TGV-Generation fuhr auch einige Geschwindigkeitsrekorde ein – diese Züge waren die ersten die die kommerzielle Geschwindigkeit von 250 km/h überschritten haben. Deren planmäßige Höchstgeschwindigkeit lag anfangs bei 260 km/h, dann 270 km/h und zuletzt nach einer Modernisierung ab 1997 mit bis zu 300 km/h. Der Zug Nummer 16 erreichte 1981 sogar mit 380 km/h den damaligen Weltrekord für die konventionelle Rad-Schiene-Technik.

3 SNCF350ParisMontparnasseAugust1991 500px1990 wurde die zweite Hochgeschwindigkeitsstrecke in Frankreich, die "LGV Atlantique", die Paris mit Le Mans und Tours verbindet und erstmals wurde da Tempo 300 ausgefahren. Dafür wurden neue TGV in Dienst gestellt, die Blau-Grauen TGV Atlantique. Im Bahnhof Paris Gare Montparnasse steht 1991 der Triebzug 350 vor einem der vielen Doppeltraktionen bereit und wird demnächst in Richtung Atlantikküste – im wahrsten Sinne des Wortes – rasen.

Sieben dieser TGV-Garnituren waren auch für die Schweiz-Einsätze ausgerüstet – wo zwei davon der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) gehörten und hauptsächlich zwischen Paris und Genf fuhren.

Eine Besonderheit waren die weiteren sieben TGV der französischen Post „La Poste" im knalligen Gelb, die als reine Post-TGV u.a. zwischen Paris und Lyon fuhren. Die waren genauso lang wie die normalen TGV PSE, hatten aber riesige Ladetore in den Wagenmitten, damit die Post zügig be- und entladen werden konnte. Diesen Dienst hat man leider 2015 eingestellt, da die Post-TGV eine kostspieligen Hauptuntersuchung nötig hatten und die Briefpost sich halbiert hatte.

„Patricks" Abschiedstour endet am 25. Februar. Noch ist es offen, ob der TGV 01 im französischen Eisenbahnmuseum in Mulhouse ausgestellt wird. Zunächst soll der Zug sicherlich an einem der beiden Alstom-Standorte in Belfort oder La Rochelle gelagert werden, schlimmstenfalls – hoffentlich nicht – würde er unter dem Schneidbrenner landen.

 4 SNCF237Vougeot2p270514 500pxEs folgten weitere TGV-Generatioen bzw. -Ableger wie der TGV Réseau, TGV Thalys, Eurostar und zuletzt fast nur doppelstöckige TGV Duplex / Euroduplex, da die Nachfrage auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken explosiv gewachsen ist – auch auf der ersten LGV Paris - Sud-Est sind nur noch doppelstöckige TGV unterwegs. Hier durchfährt der TGV 237 – ein Duplex – auf dem Weg nach Paris das Örtchen Vougeon in der Burgund im Jahre 2014.

Text/Fotos: Erik Körschenhausen