Unbekannte Eisenbahn-Raritäten: die Eisenbahnbrücke über die Nebel
02.01.2011: Zwischen Bützow und Güstrow in Mecklenburg findet sich in den Wiesen beim kleinen Ort Wolken eine besondere Rarität des deutschen Eisenbahnwesens. Hier ist eine der ältesten Eisenbahnbrücken Deutschlands zu finden, die im Verlauf eines von 1850 bis 1882 bestehenden Streckenteils von Bützow nach Güstrow über die „Nebel“ führte, einem kleinen Nebenfluss der Warnow.
Zum 4. April 1882 wurde der Streckenverlauf geändert und von der Mecklenburgischen Friedrich-Franz-Eisenbahn ein neuer Teil in Betrieb genommen worden, bei dem die aus Güstrow kommenden Züge jetzt aus nordöstlicher Richtung in den Bahnhof Bützow einfahren und ihre Fahrt ohne einen Fahrtrichtungswechsel (und einem damit verbundenen Lokumlauf) in Richtung Schwerin und weiter nach Lübeck fortsetzen konnten. Der alte Trassenteil, der aus südwestlicher Richtung in den Bahnhof Bützow mündete, wurde damit „arbeitslos“ und am 28. Juli 1882 zur weiteren Verwendung an die Stadt Bützow übergeben.
Im Verlauf dieser nun als Wirtschaftsweg genutzten, stillgelegten Strecke liegt auch die hier vorgestellte Nebel-Brücke, die fortan, ihrer Schienen beraubt, als normale Straßenbrücke diente und später auch als Rad- und Wanderweg dankbare Dienste leistete. Seit einigen Jahren ist sie gesperrt.
Bei der Wolkener Eisenbahnbrücke handelt es sich um eine 27 Meter lange und 4,65 Meter breite Gitterfachwerk-Balkenbrücke in einer Mischbauform aus Gussform- und Schweißeisenteilen, eine echte Rarität. Die Hauptträger, auf denen auch die Querträger liegen, bestehen aus einem Fachwerk mit gekreuzten Streben, die miteinander sowie mit dem Ober- und Untergurt vernietet sind. Wegen des relativ großen Hauptträgerabstandes und der stark belasteten Querträger wurden Doppelzugbänder angeordnet, die über einen mittig liegenden, unterspannten Längsträger greifen. Mit dieser Konstruktion der durchlaufenden Gitterfachbalkenbrücken wurde eine neue Entwicklung im Brückenbau eingeleitet. Die ebenfalls 1850 in Betrieb genommenen Weichselbrücken bei Dirschau sind hierfür ein weiteres Beispiel. Es bleibt zu hoffen, dass dieses einmalige, unter Denkmalschutz stehende Zeugnis der Eisenbahngeschichte Mecklenburgs bei den Verantwortlichen bald ein besonderes Augenmerk findet und ihr Bestand für die Zukunft gesichert wird.
Quelle: Peter Falow: Die Nebelbrücke bei Wolken - eine der ältesten Eisenbahnbrücken Deutschlands, in: Eisenbahn-Kurier, Ausgabe 5/2009, Seiten 70-72.